Ich muss mal …
Vor einiger Zeit stolperte ich über eine illustrierte Parabel für Erwachsene (ja, so eine wie “Agathes Kreise”! www.agatheskreise.at). Die Geschichte ließ mich ziemlich verwirrt zurück, und zwar dermaßen, dass sie mir trotz meiner erheblichen Vergesslichkeit in Erinnerung blieb. Sie geht so: Ein Mann baut in seiner Freizeit gerne kleine Holzschiffe. Er baut sie dermaßen gut, dass viele Menschen darauf aufmerksam werden. Er ist traurig, dass er so wenig Zeit für sein geliebtes Hobby hat, und beschließt, seinen Beruf sein zu lassen und nur noch Holzschiffe zu bauen, denn er weiß: Was man gern macht, macht man gut. Und das tut er auch: Er macht sie gern und gut. Doch eines Tages baut er das schönste und beste Holzschiff, das er je gebaut hat, schickt es hinaus aufs Meer und aus. Nie wieder Holzschiffe.
Ich halte das Buch in Händen und bin verwirrt. Öh … hä? Was will mir diese Parabel gleich nochmal sagen? Tu NICHT, was Du tun möchtest? Folge NICHT dem vielzitierten “Herzen”? Bullshit, bitte, welcher Nerd denkt sich sowas aus? 10 Regalmeter Lebenshilfebuchbranche bei Thalia irren nicht! Ganz klar, das Buch ist nicht mehr wert als der läppische Euro, um den es verschleudert wird. Es ist wunderschön illustriert, aber wer stellt sich schon diese Papier gewordene Depression ins Regal?
Na sehr super … dafür hab ich’s jetzt, 3 Jahre später, immer noch auf meiner inneren Festplatte. Nach einigen hunderttausend Umdrehungen (ich stelle mir die Funktionsweise einer Festplatte wie eine Plattenspielernadel auf einer sich drehenden Schellack vor) und meiner eigenen, in der Zwischenzeit veränderten Realität, fällt der Groschen: Was man gern macht, macht man gut, weil man es so oft gern macht, bis man es richtig gut kann. Kurz gesagt: Ich mag, was ich kann. Vom WOLLEN ist hier aber nicht die Rede …
Denn: Wenn das gute Können wegen des gerne Wollens über ein inneres Sollen zum zwanghaften Müssen wird, mag man irgendwann das Müssen nicht mehr. Und hat dann nur noch die vermeintliche Wahl zu wollen, was man muss oder zu müssen, was man will. Überraschung: und schon steckt man in der gleichen Sackgasse, aus der man eigentlich schon verkehrt hinaus geschoben hat …
Ich bin dieser Schiffsbauer, so wie Du wahrscheinlich auch. Und muss gut unterscheiden zwischen dem, was ich muss, mag, kann und vor allem WILL. Deshalb MUSS ich jetzt nicht in die FROHLOTTE- Werkstatt, ich WILL. Ich MUSS nicht mein Kind vom Bahnhof abholen, ich will (solange er mich noch lässt). Und schon gar nicht MUSS ich “eben noch kurz die Welt retten, und 148 mails checken”. Ich will mich offenbar grade selbst überschätzen.
Deshalb: Ich will ab jetzt wollen, wenn ich will, und müssen, wenn ich muss. Und lernen, das eine vom anderen zu unterscheiden.
Ich und mein Körper müssen schlafen. Aber mein Kopf will wissen, ob Pinguine Knie haben …
(aus dem Internet)