Die (aus)gelassene Winke-Löwin

Als waschechte Meidlingerin mit dem Hang zu emotionalen Gefühlsausbrüchen muss ich mir eine Verteidigungsstrategie zurecht legen und die geht so: Ich kann gar nichts dafür, dass ist mein genetisches Erbe. Offenbar haben meine südeuropäischen Vorfahren mir mein Temperament ungefragt in die Wiege gelegt. Und das ist, finde ich, ja auch ein bisschen sexy, so eine Vorstellung von einem italienischen, rassigen Vollweib. Um meiner Rolle vollends gerecht zu werden (oder aus welchen Gründen auch immer), studierte ich Italienisch, aber mein Mann sagt, nix da sexy Sofia Loren, das, was da aus mir von Zeit zu Zeit heraus bräche, sei vielmehr grobschlächtige Olga, also eindeutig slawischen Ursprungs. Er müsse es wissen, er habe ja der russischen Bärin schon oft genug gefährlich nah ins Auge geblickt.

Ja, da ist vielleicht was dran, und um die Russin in mir besser zu verstehen, habe ich auch noch ihre Sprache gelernt. Was gut war, denn einige Jahre später stellte ich fest, dass der in unserer Wohnhausanlage links von mir lebende oberösterreichische Würger (ein unter Naturschutz stehender Vogel) und das ebenso geschützte ungarische Zackelschaf von gegenüber im Angesicht eines nicht kooperierenden Kleinkindes ähnlich brüllt wie meine russische Bärin. Wie schön war das, die Phonetik der Wut zu studieren und zu wissen: man ist nicht allein mit seiner Unzulänglichkeit.

Als zivilisierter Mensch sollte man jedoch irgendwann gelernt haben, sein inneres Tier zu beherrschen, oder es zumindest gut zu dressieren. Mein Bild dazu ist: die große, russische Braunbärin in eine gelassene, asiatische Winke-Katze zu verwandeln. Na gut, also sagen wir in eine (aus)gelassene Winke-Löwin, seien wir realistisch. Das trainiere ich. Ehrlich. Zugegeben, nicht immer erfolgreich, zum Beispiel, wenn mir - so wie gestern geschehen - fünf Mal hintereinander die fertig aufgefädelte Perlenschnur in der FROHLOTTE-Werkstatt aus den Händen rutscht oder ich mit Magenta telefonieren muss.

Wobei es Magenta tatsächlich verstand, aus meiner unbändig wütenden, brüllenden Bärin ein kleines, sanftes, schillerndes Winke-Kätzchen zu machen. Wie das möglich war und was meine kreative Schreibtischgestaltung damit zu tun hat, lest Ihr nächste Woche. Bis dahin: Schaut mal nach Eurem inneren Tier. Nur das, das keiner beachtet, beisst am Ende die Hand, die es füttert.

Sei immer Du selbst. Es sei denn, Du kannst Captain Kirk sein. Dann sei Captain Kirk.

(Posterspruch)

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Die (aus)gelassene Winke-Löwin, Teil 2

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Vom Kahlenberg in den Iran