Vom Kahlenberg in den Iran

Es ist soweit: 2020! Was für ein Jahr! Abgesehen von meinem tatsächlich fantastischen Horoskop (ich habe darüber letzte Woche berichtet), habe ich tausende, was sag ich, zehntausende Gründe, zu FROHLOTTEN: Das erste Mal Zähne putzen 2020! Das erste Mal Nägel schneiden 2020! Das erste Mal Facebook checken 2020! LIKE! LIKE! DOPPELLIKE!

Premieren, wohin das Auge blickt. Wahrscheinlich werde ich sie morgen aber wieder vergessen haben, weil ich mir ja auch schon im Jahr 2019 und wenig überraschend auch davor die Zähne geputzt, die Zehennägel geschnitten und Facebook gecheckt habe. Mein 10-Jähriger wird hingegen den Beginn des Jahres 2020 nicht so schnell vergessen. Seine Premiere war ungleich spannender: Er fuhr allein mit der Bahn von Linz nach Wien. Als wir ihn am Bahnsteig in die Arme schlossen, war er gefühlt einen Meter größer und 300 Gigabyte (copyright U. Stenzel) stärker.

Ich war unglaublich stolz und beneidete ihn um das Gefühl, das ihn wie eine rosarote Plüschwolke umgab: die Freude, eine neue Herausforderung allein gemeistert, seinen Horizont erweitert und seine Fähigkeiten entwickelt zu haben. Ich beneidete ihn, weil mir klar wurde, dass meine Zeit schneller vergeht als seine: neue Erfahrungen dehnen die Zeit. Je weniger neue Erfahrungen ich mache, je mehr ich also im Alltag so wie immer Zähne putze, Nägel schneide und facebooke, desto schneller komme ich ans Ende. Dort will ich aber noch lang nicht hin.

Das war auch der Grund, warum wir meiner bald 75-jährigen, allein stehenden Mutter heuer zu Weihnachten den gut gemeinten Rat gaben, mit dem “Rollenden Hotel” eine Reise in den IRAN zu unternehmen (das so genannte “Rotel” war bei Pensionisten in den 80-er Jahren sehr beliebt, es handelte sich um eine Art fahrende Bienenwabe). Einen absurderen Vorschlag hätten wir nicht machen können. Meine Mutter war dementsprechend sprach- und fassungslos. Und dann lachte sie. Mit Tränen in den Augen. Und zum ersten Mal waren das Tränen der Freude und nicht der Trauer, seitdem mein Stiefvater gestorben war.

Ich denke, es muss nicht gleich der Iran sein. Vielleicht mal die Donauinsel. Oder der Kahlenberg, von der anderen Seite. Etwas Neues machen. Sich Unbekanntem stellen. In meinem Fall mindestens einer neuen Technik im Jänner in der FROHLOTTE-Werkstatt. Nicht nur, um Abwechslung ins Sortiment zu bringen, sondern auch in mein Leben. Und mehr Zeit.

Heut' mach' ich mir kein Abendbrot,
heut' mach' ich mir Gedanken.
(Wolfgang Neuß)

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Die (aus)gelassene Winke-Löwin

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Alles für die Fisch' ...