Überraschungseier zu Weihnachten
Manche Dinge im Leben sind glücklicherweise vorhersehbar: Dass nach dem langen, kalten Winter der Frühling kommt (wobei, da bin ich mir langfristig gar nicht so sicher …), nach dem Regen irgendwann wieder die Sonne scheint und nach dem Nikolo das Christkind vor der Tür steht. Bei uns zu Hause begann bis vor kurzem die Vorfreude auf Weihnachten pünktlich im August, wo ich meinem Sohn bei 32 Grad im Schatten die Weihnachtsgeschichten von Astrid Lindgren vorlesen musste. Im September ging er dann mit Weihnachtsmütze in die Volksschule und spätestens im Oktober war die Liste an Weihnachtswünschen fertig. So nervig diese Zeit auch war, irgendwie vermisse ich sie …
Denn jetzt ist Schluss mit Zauber und Romantik. Der verpflichtend zu schreibende Christkindbrief enthält neben der genauen Beschreibung der Wünsche auch gleich die Schlagworte, mit denen man die Ware im Internet findet. Das ist sehr praktisch gedacht und zeugt gleichzeitig von Empathie, damit die Mama nicht ewig suchen muss. Oder … von einem gewissen Misstrauen meinen Fähigkeiten gegenüber. Denn seit einiger Zeit lehnt mein Sohn Überraschungen kategorisch ab. Zu Ostern, zum Geburtstag und schon gar zu Weihnachten.
Ich persönlich finde das sehr unromantisch und beklage einen Verlust an Engelsglöckchen und freudiger Erwartung. Vielleicht hat es aber auch damit zu tun, dass wir ihm vor drei Jahren zur besseren Ordnung seiner umfangreichen Märklin-Sammlung ein paar super praktische Plastikboxen zum Geburtstag geschenkt haben. Also nicht wir, wir teilten das Geschenk Oma und Opa zu, woraufhin unser Sohn einen heftigen, die Großeltern verstörenden, Heulkrampf erlitt.
Vielleicht geht es aber auch um etwas ganz anderes: In einer Welt der Unübersichtlichkeit streben wir nach Vereinfachung, nach einem persönlichen Plan, der tunlichst so funktionieren soll, wie wir uns das ausgedacht haben. Unvorhergesehenes hat da keinen Platz, kostet nur Energie und wirft neue Fragen auf. So werden wir ärmer an Reizen und Erlebnissen. FROHLOTTE ist das genaue Gegenteil dieses Konzeptes: Ich weiß am Anfang nie, was am Ende rauskommt. Ein Haufen Perlen vor mir kann alles sein. Oder auch mal nichts. Bereit zu sein für das Unerwartete, für Irrungen und Wirrungen, das ist Leben. Mit allen Emotionen in ihrer ganzen Bandbreite. In diesem Sinne bekommt unser Sohn heuer ein paar Überraschungspackerln. Als Vorbereitung auf sein Leben, sozusagen …
Fröhliche Weihnachten!
Das Unerwartete zu erwarten, verrät einen durch und durch modernen Geist.
(Oscar Wilde)