Du lernst ihn lieben - Quarantiert!

Wer hätte das gedacht! Warfen wir im 20. Jahrhundert noch jeden Quadratzentimeter Stoff ab, um möglichst wenig bekleidet zu sein (ich sage nur Oben Ohne für Sie und String-Tanga für den modemutigen Mann), kehren wir nun in Zeiten zurück, die wir in unserem Kulturkreis nie erlebt haben. Wir bedecken und verhüllen uns und zwar dermaßen, dass der brave Bankbeamte des nächtens an der Straßenecke nicht mehr von einem Gangmitglied des Sinaloa Kartels zu unterscheiden ist. Und ich nicht von einer Saudi: Da mein Haupthaar mit Fortdauer der Ausgangssperre immer mehr Form und Farbe eines Dachsfells annimmt und Termine beim Figaro des Vertrauens in finsteren Hinterzimmern gedealt werden, versuche ich das haargewordene Alter unter einem flotten Elizabeth Taylor-Gedächtnisturban zu verstecken. 

Das Styling komplettiert der verordnete Gesichtsvorhang, der neben der hinlänglich bekannten Nachteile (kein Essen, Trinken, Schmusen in der Öffentlichkeit) noch ein weiteres Schmankerl bereit hält:

Mein Niqab light ist zwar fesch, allerdings für mich nur außerhalb von Geschäften tragbar und damit nutzlos. Es ist nämlich so: Aufgrund fortschreitender Gedächtnisschwäche betrete ich Supermärkte stets mit gezücktem IPhone, auf dem meine Einkaufsliste gespeichert ist. Ich erwarte die automatische Entsperrung durch Face-ID zur unverzüglichen Warenbeschaffung, doch es passiert - nichts. Wieder und wieder starre ich ge- und schließlich auch entnervt auf das Gerät, bis mir klar wird, dass das Problem nicht technischer, sondern baumwollener Natur ist. Ich tippe also den Code ein, schaue auf die Liste, merke, dass ich die Schrift nicht lesen kann, krame nach meiner Lesebrille, setze sie auf und im nächsten Augenblick schwinden mir die Sinne. Presst doch die Brille den Stoff an mein Gesicht, sodass mir sprichwörtlich die Luft weg bleibt. Ich lupfe also den Mundschutz um atmen zu können, dabei hauche ich allerdings direkt UNTER die Brille und erneut verschwimmen die Buchstaben. Diesmal, weil das Glas anläuft.

Mit der linken Hand halte ich nun in einem patentierten zwei Finger-Spezialgriff den Mundschutz weg vom Gesicht und die Brille ein Stück höher, während ich mit der rechten den Code ins Handy tippe und versuche, mir die ersten drei Gegenstände auf meiner Liste zu merken. Ich greife zum Regal, vergesse, was auf zweiter Position gestanden ist, starre auf das Telefon, starre nochmal, erinnere mich an das Problem, tippe den Code, merke mir die nächsten drei Gegenstände, vergesse den letzten, während sich das Handy wieder abschaltet. Es ist eine lange Liste. Ich regle das Problem professionell: Ich schicke meinen Mann.  

Viel Skurriles gäbe es noch mit und über das neue Must-Have in unserem Gesicht zu berichten, mehr darüber aber ein andermal. Nur das Eine noch: Aufgrund akuten Stoffstaus am Ohr kann man mit Mundschutz (und eventuellem Turban) keine Ohrringe tragen. Das ist sehr schade, wo es doch bei FROHLOTTE so viele bunte Ohrschmeichler gibt. Aber auch dafür haben wir eine Lösung: Die neuen Maskotten zum FROHLOTTEN in den Geschmacksrichtungen „Michael Jackson Gedächtnismaske“ (bunt oder dezent), das Modell „Lady Gaga brutal“ für die schmerzbefreite Supermarktkundin, „All Eyes On You“, weil Augenkontakt jetzt ja besonders wichtig ist sowie die puschlige “Polka-Dots” in Koralle. Wer noch zögert, sei versichert: der farbenprächtige Gesichtsvorhang ist DAS Statement-Piece des 21. Jahrhunderts und die nächste Party/Opernvorstellung/Vernissage oder zumindest Bestellung an der Wursttheke kommt bestimmt. Und wer will da nicht glänzen?

Beim Wort “Gesichtsmaske” denkt auch keiner mehr an Gurkenscheiben …

(aus dem Internet)

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Also, ich find' ihn gut ...

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Rapunzels Bart